Die Bedeutung des EU-Mercosur-Abkommens

Welche Vorteile bringt das EU-Mercosur-Abkommen?

Durch den Abbau von Zöllen und anderen Handelshemmnissen (z.B. Öffnung öffentlicher Beschaffungsmärkte, vereinfachte Anerkennung technischer Standards) soll der gemeinsame Handel zwischen EU-Staaten und Mercosur gestärkt werden. Damit würde die größte von der EU abgeschlossene Freihandelszone für ca. 750 Mio. Menschen entstehen. Die Mercosur-Staaten bilden den achtgrößten Wirtschaftsraum der Welt.

Konkret sollen 91 Prozent der Zölle für europäische Exporte nach Mercosur in 15 Jahren aufgehoben werden. Für sensible Produkte (u.a. PKW) gelten Übergangsquoten. Laut Europäischer Kommission könnte das Abkommen bei vollständiger Umsetzung eine Zollersparnis für europäische Exporteure in der Höhe von 4 Mrd. Euro jährlich bewirken. Beim Export nach Mercosur gelten derzeit hohe Zölle auf Industriegüter: Bei Fahrzeugen 35 Prozent, bei Kfz-Teilen 14 bis 18 Prozent und bei Maschinen zwischen 14 und 20 Prozent.

Reduktion anderer Handelshürden: Der öffentliche Beschaffungsmarkt in den Mercosur-Staaten ist bisher massiv geschützt. Zum Beispiel haben diese südamerikanischen Länder im Gegensatz zur EU u.a. nicht das „Government Procurement Agreement“ der WTO unterzeichnet. Daher können sie Unternehmen aus Nicht-Mercosur-Staaten bei öffentlichen Beschaffungsaufträgen von Waren und Dienstleistungen ohne Einschränkung diskriminieren.

Hat das Abkommen Auswirkungen auf die hohen Standards in Europa?

Europäische und österreichische Standards im Sozial-, Umwelt- und Lebensmittelbereich usw. werden durch das Abkommen nicht berührt und bleiben vollständig erhalten.  Auch nach Inkrafttreten des Abkommens entscheiden EU-Länder und Mercosur-Staaten eigenständig darüber, welche Produkte auf den jeweiligen Märkten zugelassen werden und welchen Standards diese entsprechen müssen. Dieses Recht der Vertragspartner, etwa Schutzstandards nach eigenem Ermessen festzulegen („Right-to-Regulate“) ist im Abkommen ebenso explizit festgehalten wie das für die EU wichtige sogenannte „Vorsorgeprinzip“. Demnach können Produkte ohne wissenschaftlichen Beweis, aber bei begründetem Verdacht, vom Markt ferngehalten werden.

Werden Klima- und Umweltschutz im Abkommen berücksichtigt?

Beide Vertragsparteien verpflichten sich im Abkommen explizit dazu, Arbeitnehmer- und Umweltschutzstandards nicht zu senken, um Handel oder Investitionen zu intensivieren. Zudem müssen sie das Pariser Klimaabkommen effektiv umsetzen. Letzteres sieht bis 2025 eine Reduktion von Treibhausgasemissionen durch Brasilien von 37 Prozent (im Vergleich zu 2005) und durch die EU bis 2030 von 40 Prozent vor. Zudem verpflichtet es Brasilien verstärkt gegen illegale Rodungen im Regenwald vorzugehen. Außerdem verlangt das Abkommen zusätzliche Verpflichtungen zum nachhaltigen Umgang mit Waldflächen sowie eine bessere Kooperation in Fragen des Tierschutzes und der Biodiversität.

Gerade vor dem Hintergrund des Rückzuges der USA aus der Vereinbarung und der damit verbundenen Gefahr des Austritts weiterer Staaten ist die ausdrückliche Verpflichtung zum Pariser Klima-Übereinkommen sehr wichtig. Hier wird deutlich, dass eine starke internationale Kooperation bei Fragen des Umwelt- und Klimaschutzes in vielerlei Hinsicht entscheidend ist – auch um Wettbewerbsnachteile für die europäische Industrie zu vermeiden und Arbeitsplätze in Europa zu sichern.

Wie geht es weiter?

Aktuell liegt eine Grundsatzeinigung vor. Es gibt noch keinen finalen Vertragstext. Damit das Abkommen in Kraft treten kann, müsste es in weiterer Folge durch die Mercosur-Staaten, die EU und ihre Mitgliedstaaten unterzeichnet und ratifiziert werden. Dafür braucht es auf EU-Ebene die Zustimmung des Europäischen Parlaments sowie des Fachministerrates und in Österreich einen Beschluss des Ministerrates, die Zustimmung des Parlaments und des Bundespräsidenten.

Warum hat das Abkommen eine strategische Bedeutung?

Die EU soll die Handelsarchitektur der Welt mitgestalten, die einen fairen Marktzugang für alle Marktteilnehmer und faire Regeln bzw. Wettbewerbsbedingungen schafft. Dafür ist der Abschluss von Wirtschaftsabkommen mit großen Wirtschaftsräumen wichtig. Daher ist es auch sinnvoll, dass die EU als erster Handelspartner mit der wirtschaftlich bedeutenden Mercosur-Region ein derartiges Abkommen abschließt.

Wie stark sind die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Österreich bzw. EU und Mercosur?

Im gesamten Mercosur-Raum sind etwa 1.400 heimische Unternehmen aktiv, wovon 232 mit einer Niederlassung oder Produktion vertreten sind. Bereits jetzt sichern EU-Exporte nach Mercosur 32.000 Arbeitsplätze in Österreich laut Europäischer Kommission.

Die EU ist nach China der zweitwichtigste Handelspartner Mercosurs (20,1 Prozent seines Handelsvolumens) und der bedeutendste Investor. 60.500 europäische Unternehmen sind dort aktiv.

Ist internationaler Freihandel eine Einbahnstraße?

Internationaler Handel hilft, den Wohlstand auf der Welt gerechter zu verteilen. Dies ermöglicht gleichwertige Partnerschaften von etablierten Wirtschaftsregionen bzw. Staaten und aufstrebenden Wirtschaftsregionen miteinander. Dies zeigt sich auch in der drastisch gesunkenen Armut, die zwischen 1990 und 2015 weltweit von 36 auf 12 Prozent gesunken ist.